Bauernkasten, Wanderkasten

Inv.Nr. 290

1844, datiert und mit „S WI“ monogrammiert, Nadelholzkorpus, 2-türig, bemalt, H.170, B.117, T.45 cm

Der Bauernkasten ist fast so alt wie das Sigl-Haus (aus 1835). Er wird auch Wanderkasten oder „Ziachkasten“ (v. ziehen) genannt und repräsentierte vor allem im 19. Jahrhundert das Gehäuse für das komplette Hab und Gut der Dienstboten, einer Magd oder eines Knechts. Wenn sie zur Arbeit an einem Hof antraten, kamen sie dort mit ihrem Wanderkasten, in dem sich ihre persönlichen Sachen befanden, an. Die Arbeitsverträge liefen damals über ein Jahr, Arbeitsfrist und Zahltag war stets an Maria Lichtmess, am 2. Feber. Wenn ein Vertrag, im Dienstbotenbuch verschriftlicht, nicht verlängert wurde (was vielerorts üblich war), musste der Dienstbote, oft auch mehrere Dienstboten auf einmal, ihre sieben Sachen packen. Häufig wurde der nächste Arbeitsplatz auf einem Hof in der Nachbarschaft gefunden. Damit der „Wandertransport“ zu Fuß möglich war, wurden an den oberen und unteren Kastenböden jeweils ein schwerer Eisenring als Tragegriff angebracht.

 

Die Faszination an der technischen Gestaltung alter Kästen liegt darin, dass sie einfach aber raffiniert zusammengesteckt wurden (Steckkasten): Nach dem Aushängen der Türen wird der Kastenrumpf von der Mitte aus in zwei Teile auseinandergezogen. Nach dem Zusammenbauen werden zwei Steckhölzer auf dem inneren Kastenboden kreuzweise fixiert, damit er gut hält.

Der linke Kastenteil ist für das Aufhängen von Kleidern vorgesehen, der rechte verfügt über mehrere Innenfächer.

Der Kasten weist vier Blumenfelder auf braunem Malgrund auf. Innerhalb eines hellblau gemalten Rahmens befinden sich ebenso hellblaue Rhomben. Sie sind mittig mit einem kleinen Rosenstrauß mit rosa Blüten geschmückt, in den oberen Feldern stehen sie in einer Vase, in den unteren sind Glockenblumen beigemischt und die Sträußchen mit einer Schleife zusammengebunden.  Auch die schräggestellten Seitenwände sind mit schmalen, hohen Blumenfeldern bemalt. Hier ziehen sich biedermeierlich gestaltete rosa Rosen aus der Vase nach oben.

Im Kranzbereich findet sich im blau ausgemalten Rechteck das Herstellungsjahr des Kastens ‚1844‘ wie auch die Initialien ‚S‘ und ‚WI‘.  Liegende S-Ornamente (Rocallien) schmücken das Kranzprofil aus.

Beide Türen zieren handgeschmiedete Originalbeschläge des Schlosses: links nur Zierde, rechts zum Sperren und mit einem Eisenring zum Öffnen.

Korpusform und Malerei deuten auf die benachbarte oberösterreichische Herkunft.

Text u. Foto: Hiltrud Oman

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