Christof Paulowitz / Katholisch

Inv.Nr. 661

2 Farbradierungen von je 2 Platten (jew. 25 x 12 cm); Strichätzung, Aquatinta, Schabtechnik, Lithokreide auf Zerkall-Büttenpapier, E.A., Aufl. 40 Stk., signiert in Bleistift, 1992

 

 

Katholisch

Stolz zeigt sich die sechzig Meter lange und siebenundzwanzig Meter breite mit einem dreiunddreißig Meter hohen Westturmpaar geschmückte Pfarrkirche von St. Johann im Pongau, die auch ‚Pongauer Dom’ genannt wird und in der ich fast zehn Jahre in lateinischer Sprache Ministrantendienste tat. Das Bruchsteinmauerwerk mildert das Gezwungene der neugotischen Religions- und Kirchenauffassung, bindet gefällig das Bauwerk in das hügelige Plateau zu Füßen des Hochgründecks in die Natur ein und setzt einen schönen Kontrast zu den runden, bewaldeten Bergen und zackigen Felsen in der Umgebung. Das Innere habe ich in verschmutzten Farben und mit mich nicht beeindruckenden neugotischen Heiligenfiguren in Erinnerung. Trotzdem, das neunzehn Meter hohe und ganz aus Tuffstein gemauerte Gewölbe und die große Entfernung des letzten Kirchenstuhles bis zum Altar waren für mich kleinen Kirchendiener himmlische Größenverhältnisse. Heute noch höre ich die genagelten Schuhe des Geringer Peppei, wenn er immer fünf Minuten zu spät, von ganz hinten weg die handgeschmiedeten Schuhnägel auf den Pflastersteinen aufsetzte, um in der ersten Kirchenbankreihe die stille heilige Messe mitzufeiern. Seine Eltern hatten einst ein schönes Hotel besessen, in dem er nun Hausel, hauptsächlich Entsorger der Küchenabfälle und in der zum Hotel gehörenden Landwirtschaft Schweineknecht war. Das Hotel hatte der Hausknecht der Eltern übernommen.

Die genagelten Schuhe, die auf dem Kirchenboden bei jedem Schritt lautstark hallten und sein runder Rücken, die ihm die Last der Welt von viel weiter unten betrachten ließen, erinnern mich an die Demut und an das immer freundliche Wesen des Josef Geringer.

Text: Christof Paulowitz

Foto: H. Oman

  • Druckgrafik, Kunst, Paulowitz